Bokeh

Allgemeine Informationen zum Bokeh

Das Wort “Bokeh” stammt aus dem japanischen und bedeutet so viel wie unscharf. Bei Bildern bezeichnet es die Unschärfe aller nicht in der Schärfeebene liegenden Objekte. Abhängig von der Brennweite und Blendenöffnung eines Objektivs und werden unterschiedliche Bereiche einer Aufnahmen scharf oder unscharf wiedergeben. Auch die unscharfen Teile eines Bildes können maßgeblich zu dessen Aussehen (“Look”) beitragen. Während bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen möglichst alle Objekte scharf abgebildet werden sollen, ist dies bei Porträtaufnahmen oftmals nicht gewünscht. Hier soll nur der „wichtige“ Teil des Bildes scharfgezeichnet sein, der Hinter- und/oder der Vordergrund sollen unscharf ausfallen. Dies bezeichnet man als “freistellen”. Da die unscharfen Bereiche wie erwähnt zum Aussehen eines Bildes beitragen, sollen diese aber nicht nur einfach unscharf abgebildet werden, sondern der “Look” des Unschärfebereichs muss auch zum Bild passen und soll nicht vom eigentlichen Hauptmotiv ablenken. Generell verwendet man im Umgang mit dem Wort Bokeh daher Bezeichnungen wie “harmonisch”, “ruhig” oder “weich”. Da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind und es für die Begriffe wie “harmonisch” keine Norm gibt, ist es letztendlich vom Betrachter abhängig, welches Bokeh als schön empfunden wird. Es gilt daher: Schön ist, was gefällt.

Ein schönes Bokeh ist Ansichtssache

Ob ein Objektiv ein harmonisches Bokeh erzeugt, hängt von mehreren Faktoren. Am wichtigsten sind dabei der optische Aufbau und die Form der Blende. Dieser prägt die “Art” des Bokehs, denn er bestimmt das Aussehen der Zerstreuungskreise. Die Wahl der eingesetzten Linsen und der dadurch erfolgenden Korrektur von Abbildungsfehlern (sphärische Aberration) sorgt auch für das Aussehen der Unschärfe. Der Grundstein für ein “schönes” Bokeh wird somit bereits bei der Planung der Objektivkonstruktion gelegt. Da der Optikkonstrukteur bei einem Objektiv natürlich noch andere Ziele als nur eine schöne Unschärfe verfolgt, kann der Wunsch nach einem besonders schönen Bokeh nicht immer vollumfänglich erfüllt werden. Ist ein Objektiv auf eine besonders hohe Bildschärfe optimiert, bedeutet dies des Öfteren auch, dass beim Bokeh (kleine) Abstriche hinzunehmen sind. Die Überkorrektur der sphärischen Aberration kann beispielsweise zu deutlich sichtbaren Randbereichen bei den Unschärfekreisen sorgen.

Spiegellinsenobjektive sorgen für ein Donut-Bokeh

Eine besondere Bokehform erzeugen Spiegellinsenobjektive. Diese besitzen keinen herkömmlichen optischen Aufbau und auch keine Blende. Daher zeigen Spiegellisenobjektive das sogenannte “Donut-Bokeh”. Dieses wird von den meisten Personen als besonders unruhig empfunden, Spiegellinsenobjektive finden daher gerade in der Porträt-Fotografie nahezu keine Anwendung.

Von Zwiebelringen bis Katzenaugen

Wie bereits erwähnt wirkt sich der optische Aufbau, also auch die Art und Fertigung der Linsen, auf die Unschärfekreise und somit das Bokeh aus. So sorgen asphärische Linsen typischerweise für die sogenannten “Onion”-Rings, zu deutsch Zwiebelringe. Dabei handelt es sich um mikroskopisch kleine Unregelmäßigkeiten auf der Linsenoberfläche, die als kleine kreisförmige Strukturen in den Unschärfekreisen zu sehen sind. Diese werden allgemein als wenig ansprechen empfunden, weshalb die Hersteller diese durch besonders feine Oberflächenbearbeitungen reduzieren wollen. Sony hat dafür die sogenannten XA-Linsen (extreme aspherical) entwickelt, die mit einer Genauigkeit von 0,01 Mikrometer gefertigt werden.

Sehr bekannt ist auch das Cat-Eye Bokeh, zu deutsch Katzenaugen-Bokeh. Dieses entsteht durch seitlich einfallende Lichtstrahlen, die hier nicht mehr rund ausfallende Öffnung wirkt sich auf die Unschärfekreise aus. Diese nehmen dann eine ovale Form an. Dafür ist die optische Vignettierung verantwortlich. Die ovalen Unschärfekreise sind vor allem nur am Bildrand zu finden (unterscheidet sich je nach Objektiv), behelfen kann man sich durch die Wahl einer kleineren Blendenstufe.

Wer sich ein Objektiv mit besonders auffälligem Bokeh wünscht, kann/sollte zu Modellen mit “Swirl”-Bokeh (also einem “strudelartigem “Bokeh) greifen. Dieses findet sich praktisch nur bei älteren Objektiven mit einfachen optischen Konstruktionen, die einige unkorrigierte Abbildungsfehler besitzen. Dazu gehört die nicht optimal korrigierte Bildfeldwölbung, die insbesondere zusammen mit den bereits angesprochenen “Katzenaugen” für einen sehr gut sichtbaren Strudel-Look sorgen kann.

Die Blendenlamellen beeinflussen das Bokeh (nicht immer)

Die Blendenlamellen eines Objektivs beeinflussen die Unschärfekreise in ihrer Form. Runde Unschärfekreise bekommen Fotografen nur zu sehen, wenn die Blendenöffnung ebenso rund ausfällt. Dies ist bei Offenblende immer sowie teilweise bei Blendenwerten in der Nähe der Offenblende der Fall (vom Objektiv abhängig), sofern abgerundete Blendenlamellen zum Einsatz kommen. Eine möglichst runde Öffnung lässt sich zudem durch den Einsatz vieler Blendenlamellen erzeugen. Wird die Blende eines Objektivs stark geschlossen, ergeben sich in den meisten Fällen eckige Unschärfekreise. Diese werden oftmals als unschön empfunden. Wer die Form der Unschärfekreise beeinflussen möchte, kann dies auch mit speziellen Filtern, die vor das Objektiv geschraubt werden. Damit können beispielsweise Unschärfekreise mit Herz- oder Sternenform erzeugt werden.

Runde Unschärfekreise im Bokeh bei Offenblende

Eine geschlossene Blende sorgt beim gleichen Objektiv für eckige Unschärfekreise

Die Blendenlamellen haben übrigens nur im abgeblendeten Zustand einen Einfluss auf das Bokeh. Bei Offenblende spielen sie keinerlei Rolle. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie bei unserem Artikel zu Blendenlamellen.

Mit speziellen Objektiven zu einem noch weicheren Bokeh

Um die Unschärfebereiche noch “weicher” zu machen, bieten verschiedene Objektivhersteller Spezialobjektive an. Zu den bekanntesten zählen das das Nikkor 135mm F2.0 DC, das Fujinon 56mm F1.2 R APD, das Canon RF 85mm F1.2L DS USM und das Sony FE 100mm F2.8 STF GM OSS. Alle vier erlauben die Kontrolle über das Bokeh, können dieses also beispielsweise „weicher“ zeichnen als es eigentlich ausfallen würde. Nikon ermöglicht dies durch die veränderbare Korrektur der sphärischen Aberration. Man erhält hier also – etwas verkürzt dargestellt – die Freiheit, die optische Konstruktion zu verändern.

Fujifilm und Sony verwenden bei den angesprochenen Modellen dagegen einen Apodisationsfilter. Für diesen steht das Kürzel „APD“ im Namen des Fujinon-Objektivs, Sony nennt das Feature Smooth Trans Focus (STF). Beim Apodisationsfilter handelt es sich um eine Art Verlaufs-ND-Filter, von dem die an der Blende entstehenden Beugungsscheibchens geglättet werden. Der Apodisationsfilter sorgt jedoch auch, da es sich wie erwähnt um einen ND-Filter handelt, für einen Lichtverlust. Im Vergleich zum Fujinon 56mm F1.2 R (baugleich bis auf den APD-Filter) sind daher beispielsweise höhere ISO-Werte für die gleiche Belichtung notwendig. Die Stärke des Filtereffekts kann am Fujinon 56mm F1.2 R APD per Einstellring konfiguriert werden, dieser gibt die „reale“ Blende an. Bei der größten Blendenöffnung von F1.2 sorgt der Filter beispielsweise für eine effektive Blendenöffnung von F1.7. Durch das Schließen der Blende geht der Effekt immer stärker zurück. Canon nutzt bei seinem RF 85mm F1.2L DS USM eine spezielle Vergütung, die auf zwei Linsen aufgedampft wird. Die effektive Lichtstärke der Optik sinkt dadurch auf T2.2.

Hinweis:

Canon bietet mit dem EF 135mm F2.8 SF (= Soft Focus) ein Objektiv mit veränderbarer sphärischer Korrektur (in den Stufen 0, 1 und 2) an. Bei diesem verändert sich allerdings das gesamte Bild und nicht nur die Hintergrund- und Vordergrundunschärfe. Zur Verbesserung des Bokeh ist das Objektiv daher nicht gedacht, sondern beispielsweise zur “Optimierung” von Porträtaufnahmen. Damit lässt sich unter anderem eine “weichere Haut” erzielen. Dieser Effekt war zu Zeiten der analogen Fotografie gewünscht, damals war die nachträgliche Retusche deutlich aufwendiger. Heutzutage lässt sich dieser Effekt sehr einfach mit Bildbearbeitungsprogrammen realisieren. Nur wenige Fotografen dürften das Objektiv daher noch verwenden. Trotz des hohen Alters, es wurde 1987 vorgestellt, hat Canon für das EF 135mm F2.8 SF daher noch kein Nachfolgemodell oder ein Pendant für spiegellose Kameras angekündigt.

Zur maximalen Unschärfe

Besonders wichtig ist das Aussehen des Bokehs bei lichtstarken Objektiven. Hier ist die Schärfentiefe klein, weshalb der unscharfe Bereich bei vielen Aufnahmen einen großen Teil des Bildes umfasst. Hier sollte die Unschärfe keinesfalls vom Motiv ablenken. Wie groß die Schärfentiefe ausfällt, ist von der gewählten Brennweite sowie der Blendenöffnung des Objektivs und dem Abstand des Motivs abhängig. Die Größe des Aufnahmemediums, also des Sensors oder des Films, spielt zumindest theoretisch keine Rolle. Warum nur theoretisch? Weil die Sensor- oder Filmgröße einen Einfluss auf die gewählte Brennweite hat. Bei Aufnahmen von Porträts mit klassischen 50mm kommt man am Berechnen der effektiven Brennweite nicht vorbei. Den Bildwinkel eines 50mm-Objektivs an einer Kleinbildkamera (46,8 Grad) kann man als Beispiel  an einer Micro Four Thirds-Kamera nur mit einem 25mm-Objektiv erhalten. Da diese Brennweite an einer MFT-Kamera geringer ausfällt, nimmt auch die Schärfentiefe ab.

Schärfentieferechner für unterschiedliche Kameras, Objektive, Blendenwerte und Motiventfernungen

Ausmaß der Unschärfe im Vergleich mit Sensorgrößen (Ergebnisse gerundet):

Kleinbild APS-C Micro Four Thirds 1,0 Zoll
F1 F0.7 F0.5 F0.37 (nicht möglich)
F1.4 F1 F0.7 F0.5
F2 F1.4 F1 F0.7
F2.8 F2 F1.4 F1
F4 F2.8 F2 F1.4
F5.6 F4 F2.8 F2
F8 F5.6 F4 F2.8
F11 F8 F5.6 F4
F16 F11 F8 F5.6
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