Objektive, die jeder Fotograf besitzen sollte

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Wer seine erste Kamera oder eine neue Systemkamera erwirbt – oder kurz davor steht –, muss sich auch Gedanken um die passenden Objektive machen. Gerade für Anfänger ist die Frage, welches Objektiv man benötigt, meistens nicht einfach. Wir klären im folgenden Artikel die wichtigsten Fragen und erläutern, an welchen Objektiven (fast) kein Fotograf vorbeikommt.

Wichtig: Da es sich bei den Brennweitenangaben auf Objektiven stets um reale Werte handelt, müssen diese bei Kameras mit Sensoren abseits des Kleinbildformats umgerechnet werden. Weitere Details dazu finden Sie in unserem ausführlichen Brennweitenvergleich. Wir nennen in den folgenden Texten immer die kleinbildäquivalente Brennweite.

Das Standardzoom

Wer fotografiert, egal ob Anfänger oder Profi, kommt an einem Objektiv nur selten vorbei: dem Standardzoom. Dabei handelt es sich um ein Objektiv, mit dem man viele Situationen abdecken kann. Einfachere Standardzooms gehören oftmals zur Klasse der Kitobjektive. Diese werden zusammen mit einer Kamera verkauft und kosten nur einen geringen Aufpreis. Kitobjektive müssen nicht unbedingt schlecht sein, gerade bei günstigen Modellen sind aber oftmals deutliche Einschränkungen hinzunehmen. Dazu können kleine Brennweitenbereiche, eine schwache Lichtstärke oder fehlende Abdichtungen gehören.

Das Canon RF 24-70mm F2.8L IS USM ist ein klassisches Standardzoom, Bildquelle: Canon

Höherwertige Standardzooms besitzen oftmals eine durchgängige Blendenöffnung von F2.8 oder F4, an Abdichtungen gegen Staub und Spritzwasser oder schnellen Fokusmotoren fehlt es ebenso nicht. Oftmals decken höherklassige Modelle Brennweiten von 24 bis 70 mm oder 24 bis 105 mm ab (jeweils kleinbildäquivalente Brennweite). Damit lässt sich im Alltag sehr gut arbeiten. Mit 24 mm bringen Fotografen auch größere Motive aus kürzerer Entfernung gut auf das Bild, diese Brennweite wird oftmals bei Landschafts oder Architekturaufnahmen verwendet. Zudem werden 35 und 50 mm abgedeckt. Diese Brennweiten erlauben klassische Reportage-Aufnahmen. Mit 70 mm sind natürlich wirkende Porträts möglich, zudem kann man etwas weiter entfernte Motive vergrößert einfangen. Wer noch etwas mehr Brennweite benötigt, kann zu Standardzooms mit 105 mm oder 135 mm greifen. Zudem werden Superzoomobjektive mit 200 mm oder noch mehr Brennweite angeboten. Letztere sind meistens aber weder lichtstark noch fällt die Bildqualität besonders gut aus. Bei Objektiven gilt nämlich meistens die Regel: je größer der Brennweitenbereich, desto schlechter fällt die Abbildungsleistung aus. Objektive mit 24 bis 70 mm und 24 bis 105 mm stellen daher in der Regel einen sehr guten Kompromiss aus Bildqualität, Lichtstärke und Einsatzmöglichkeiten dar.

Wer etwas mehr Brennweite benötigt, muss – wie z. B. beim Nikkor Z 24-200mm F4-6.3 VR – auf eine große Blendenöffnung verzichten, Bildquelle: Nikon

Des Weiteren lassen sich mehrere Modelle mit 28 mm Anfangsbrennweite erwerben. Damit kommt man in der Regel auch noch gut aus, Fotografen stoßen aber häufiger an Grenzen als bei Modellen mit 24 mm. Die etwas längere Anfangsbrennweite sorgt jedoch auch für Vorteile: Objektive können damit kleiner, leichter und kostengünstiger gebaut werden. Deshalb kann sich ein Objektiv mit dieser Anfangsbrennweite trotz der Nachteile lohnen.

Die Blendenöffnung eines Standardzooms sollte optimalerweise bei F2.8 oder F4 liegen, kleinere Blendenwerte (= größere Zahlen; wie z. B. F5.6) machen Einsätze bei wenig Licht schwerer. Gerade bei Objektiven mit Lichtstärken von F3.5 bis F5.6 ergeben sich am Teleende bei schlechten Lichtverhältnissen schnell hohe Sensorempfindlichkeiten. Als Vorteil sind lichtschwächere Objektive allerdings meistens kleiner, leichter und günstiger.

Ein Bild mit unterschiedlichen Brennweiten

Das Ultraweitwinkelobjektiv

Standardzooms lassen sich im Alltag wie erwähnt häufig einsetzen, gerade in Innenräumen oder bei Architekturfotos sind 24 mm oder 28 mm aber oftmals zu „lang“. Hier kommen die Ultraweitwinkelobjektive ins Spiel. Diese besitzen Anfangsbrennweiten von rund 10 bis 21 mm (KB-äquivalent) und stellen in einigen Fällen die einzige Möglichkeit dar, Motive wie gewünscht abzubilden. Ultraweitwinkelobjektive sind in Form von Zoomobjektiven mit variabler Brennweite und Festbrennweiten mit fester Brennweite zu erwerben. Erstere Modelle lassen sich natürlich flexibler einsetzen, sind jedoch meistens teurer und lichtschwächer. Wir raten zum Kauf eines Ultraweitwinkelobjektivs mit einer Brennweite von 20 mm (KB-äquivalent) oder geringer, klassische Ultraweitwinkelzooms mit rund 16 bis 35 mm stellen in jedem Fall eine gute Wahl dar.

Sony FE 16-35mm F2.8 GM

Mit Ultraweitwinkelobjektiven wie dem Sony FE 16-35mm F2.8 GM lässt sich flexibel fotografieren, Bildquelle: Sony

Die Blende ist vor allem relevant, wenn man bei wenig Licht fotografieren möchte. Teilweise lässt sich dieses „Problem“ aber durch den Einsatz eines Stativs oder eines optischen Bildstabilisators lösen. Ein Objektiv mit Blende F5.6 stellt daher sicherlich nicht die Optimallösung dar, schlecht muss es jedoch keinesfalls sein. Wer ein Ultraweitwinkelobjektiv mit einer konstanten Blende von F4 erwirbt, ist oftmals schon gut aufgestellt. Spätestens bei F2.8 oder einem noch besseren Wert (= < F2.8), sollte man optimal fotografieren können.

Große Blendenöffnungen erlauben das Spiel mit der Schärfe

Das lichtstarke Weitwinkel- oder Normalobjektiv

Wer etwas ernsthafter in die Fotografie einsteigen möchte, wird schnell feststellen, dass hierfür das Spiel mit der Schärfe bzw. Unschärfe wichtig ist. Das Motiv selbst soll natürlich scharf sein, alles andere aber meistens unscharf (= kleine Schärfentiefe). Das erreicht man unter anderem durch die Wahl einer hohen Lichtstärke. Bei Weitwinkel- oder Normalobjektiven, die sich zum Beispiel für Landschafts-, Reportage- oder Alltags-Aufnahmen einsetzen lassen, spricht man ab etwa F2 von einer hohen Lichtstärke. Je nachdem, welche Größe der Sensor der verwendeten Kamera besitzt, lässt sich das Motiv damit sehr gut vom Hinter- und Vordergrund abheben. Dies nennt man auch freistellen. Sehr lichtstarke Objektive kommen auf Blendenwerte von F0.95, F1.2 oder F1.4, damit erzielen Fotografen eine hervorragende Freistellung. Der zweite Vorteil einer großen Blendenöffnung (= kleine Blendenzahl) ist die Fotografie mit niedrigen Sensorempfindlichkeiten bei wenig Licht. Eine große Öffnung lässt mehr Licht auf den Sensor fallen, ein Objektiv mit Blende F1.4 viermal mehr als ein Objektiv mit Blende F2.8. Dadurch kann man bei ansonsten gleichen Einstellungen mit beispielsweise ISO 800 statt ISO 3.200 fotografieren. Dies sorgt für ein geringeres Bildrauschen.

Lichtstarke Weitwinkelobjektive lassen sich vielseitig einsetzen, Bildquelle: Sigma

Ob man sich nun für ein lichtstarkes Weitwinkel- oder Normalobjektiv entscheidet, hängt von den persönlichen Vorlieben ab. Wer gerne mehr von der Situation, also dem Motiv und dessen Umgebung einfängt, greift zu einem Objektiv mit rund 24 mm, 28 mm oder 35 mm. Soll das Motiv mehr im Fokus stehen, sind meistens etwas längere Brennweiten sinnvoll. Also beispielsweise 50 mm. Letztere Brennweite eignet sich auch schon gut für Porträtbilder. Wenn diese im Fokus der fotografischen „Arbeit“ stehen, sollte man sich aber auch unseren nächsten Vorschlag ansehen.

Lichtstarke Teleobjektive erlauben das Freistellen des Motivs

Das lichtstarke leichte Teleobjektiv

Leichte Teleobjektive beginnen bei rund 60 mm KB-Brennweite und gehen bis etwa 100 mm KB-Brennweite. Sie werden nicht etwa wegen ihres Gewichts als leicht bezeichnet, sondern wegen ihrer im Vergleich zu klassischen Teleobjektiven kürzer ausfallenden Brennweite. Typischerweise liegt diese bei rund 85 mm. Leichte Teleobjektive eignen sich wegen ihres Bildeindrucks optimal für die Aufnahme von Porträts, die längere Brennweite sorgt zudem für einen besseren Freistellungseffekt als bei Weitwinkel- oder Normalobjektiven.

Lichtstarke leichte Teleobjektive sind optimal für Porträtbilder, Bildquelle: Canon

Selbst mit einer Blende von F2.8 (bei einer Kamera mit einem Kleinbild- oder APS-C-Sensor) lässt sich daher gut bis sehr gut freistellen. Spätestens ab F2 wird nur mehr das Hauptmotiv scharf abgebildet, der Hinter- und Vordergrund „verschwimmen“ deutlich. Besonders gute leichte Teleobjektive besitzen oftmals eine Öffnung von F1.2 oder F1.4, damit lassen sich sehr ansprechende Fotos aufnehmen.

Das Teleobjektiv

Wer Motive aus größerer Entfernung bildfüllend aufnehmen möchte, muss zu einem Teleobjektiv greifen. Diese besitzen eine Endbrennweite von 100 mm oder mehr (meistens deutlich mehr) und werden in allen Preisklassen angeboten. Wieder spielt die Lichtstärke eine große Rolle. Lichtschwache Teleobjektive besitzen eine Blende von F5.6 oder noch geringer (= größere Zahl), hier ist das Fotografieren bei wenig Licht oftmals nur noch schlecht möglich. Einen guten Kompromiss stellen Objektive mit einer Blende von F4 dar. Diese sind weder besonders teuer noch groß und schwer und erlauben vielseitige Einsätze.

Lichtstarke Telezoomobjektive wie das Sony FE 70-200mm F2.8 GM OSS besitzen eine Blende von F2.8, Bildquelle: Sony

Sehr gute Teleobjektive besitzen eine Blende von F2.8, bei Festbrennweiten sind auch Werte von F2 gängig. Der Geldbeutel wird wie der Fotograf (hohes Gewicht, große Abmessungen) dann aber schon deutlich belastet. Teleobjektive mit Brennweiten von 200 mm bis 300 mm erlauben vielseitige Einsätze, noch längere Brennweiten (von beispielsweise 400 mm oder 500 mm) sind eher für spezielle Aufgaben interessant. Hier lassen sich unter anderem die Tier- oder Flugzeugfotografie nennen. Objektive mit diesen Brennweiten gehören weiterhin zu den Teleobjektiven, zur Abgrenzung werden sie aber oftmals als Superteleobjektive bezeichnet.

Makro-Objektive erlauben das starke Vergrößern kleiner Motive

Bonus: Das Makro-Objektiv

Makro-Objektive sind Objektive für spezielle Einsätze. Sie lassen sich zwar normalerweise (es gibt Ausnahmen) wie normale Objektive verwenden, ihre Stärke liegt aber in der Aufnahme naher Motive. Dies erlauben andere Objektivtypen nur selten. Mit Makro-Objektiven kann man auf wenige Zentimeter an das Motiv heranrücken und dieses stark vergrößern. Typischerweise bilden Makro-Objektive das Motiv so groß auf dem Sensor ab, wie es in der Realität ausfällt. Dann spricht man von einem Abbildungsmaßstab von 1:1. Des Weiteren gibt es Makro-Objektive, die auf Hälfte kommen (1:2). In beiden Fällen sind damit im Regelfall ordentliche und völlig ausreichende Vergrößerungen möglich.

Makro-Objektive, hier das Sigma 105mm F2.8 DG DN Macro Art, besitzen mittlere Brennweiten, Bildquelle Sigma

Die Brennweite der meisten Makro-Objektive liegt zwischen 75 mm und 105 mm (KB-Brennweite), es gibt jedoch auch Modelle mit deutlich kürzeren und noch etwas längeren Brennweiten. Diese bringen verschiedene Vor- und Nachteile mit. Mit einer klassischen Makro-Brennweite (75 mm bis 105 mm) sind Fotografen in der Regel sehr gut aufgestellt. Die Blendenöffnung spielt bei Makro-Fotos meistens keine größere Rolle, zum Erreichen einer ausreichenden Schärfentiefe muss man jedoch oftmals abblenden (= große Blendenzahl wählen). Als Bonus lassen sich Makro-Objektive wegen ihrer Brennweite und der recht guten Lichtstärke von circa F2.8 meistens gut für Porträtfotos verwenden. Wer oft kleine Motive fotografieren möchte und seltener Personen, könnte daher nur über die Anschaffung eines Makro-Objektivs und nicht eines zusätzlichen leichten Teleobjektivs nachdenken.

 

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