Als Fotograf will man oftmals die modernste Technik verwenden. Moderne Kameras bringen schließlich jede Menge Funktionen mit und gute Aufnahmen werden dadurch immer einfacher. Man muss aber nicht immer das Neueste vom Neuesten nutzen. Alte Objektive können unter anderem die Kreativität positiv beeinflussen und lassen sich oftmals sehr günstig erwerben. Wir schauen uns in diesem Ratgeberartikel an, wann der Einsatz alter Objektive möglich ist, wann er sinnvoll ist und was es dabei zu beachten gilt.
Inhaltsverzeichnis
Wann ist ein Objektiv überhaupt alt?
Mit alten Objektiven meinen wir Modelle, die vor der Zeit der digitalen Bildaufnahme auf den Markt gekommen sind. Diese sind bereits mehrere Jahrzehnte alt und lassen sich in aller Regel nicht mehr „einfach so“ an einer modernen Kamera einsetzen. Das liegt an den unterschiedlichen Bajonetten, die die Kamerahersteller im Laufe der Zeit verwendet haben. Diese Hürde, die nicht jeder Fotograf bewältigen möchte, macht alte Objektive vergleichsweise preiswert.
Warum sollte man alte Objektive an einer modernen Kamera verwenden?
Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Einer davon ist der eben erwähnte günstige Preis. Ältere Objektive werden viel weniger als neue Objektive nachgefragt und lassen sich über Ebay, Kleinanzeigen oder Tauschbörsen für deutlich weniger Geld als moderne Objektive erstehen. Die Abbildungsleistung muss dabei nicht in jedem Fall schlechter sein, auch alte Objektive ermöglichen oftmals tolle Bilder. Ein weiterer Grund kann das entschleunigte Fotografieren sein. Mit manuellem Fokus und manueller Blendenwahl denkt man über Bilder ganz anders nach als in der heutigen Zeit, in der das Drücken des Auslösers ausreicht. Möglich ist zudem die Freude an alter Technik oder einer nicht ganz optimalen Abbildungsleistung. Alte Objektive wurden oftmals sehr hochwertig gebaut und erzählen eine Geschichte. Zudem sorgt die nicht perfekte Korrektur von Abbildungsfehlern für Aufnahmen, die mit etwas Kreativität zweifellos Charme und Seltenheitswert haben können.
Wann lassen sich alte Objektive an modernen Kameras nutzen?
Grundsätzlich lassen sich alte Objektive an einer modernen Kamera verwenden, wenn das Auflagemaß des Objektivs-Bajonetts länger als das Auflagemaß des Kamera-Bajonetts ausfällt und ein Objektivadapter zur Verfügung steht. Diese technischen Begriffe mögen nun etwas verwirrend sein, ganz vermeiden lassen sie sich jedoch nicht. Aber bitte nicht gleich verzagen, den es gibt eine gute Nachricht. Wenn Sie eine spiegellose Systemkamera (DSLM), also keine Spiegelreflexkamera (DSLR), besitzen, können Sie alte Objektive bis auf ganz wenige Ausnahmen immer an Ihrer Kamera verwenden. Ältere Objektive wurden nämlich fast immer für Spiegelreflexkameras entwickelt und müssen daher technisch bedingt ein längeres Auflagemaß als eine spiegellose Systemkamera besitzen. Zu beachten gilt es zudem, für welche Sensor- bzw. Filmgröße das Objektiv entwickelt wurde. Diese Größe sollte mindestens der Sensorgröße der Kamera entsprechen. Ansonsten können Abschattungen sichtbar werden. Das Objektiv lässt sich zwar auch in diesem Fall verwenden, wirklich Freude hat man dann allerdings eher nicht.
Wie kann man herausfinden, welches Bajonett das Objektiv besitzt?
Nicht immer lässt sich das Bajonett anhand des Objektivsnamens sofort erkennen. Um den Bajonett-Typ herauszufinden, geben Sie daher am besten den Objektivnamen sowie („Bajonett“) in die Suchmaschine Ihrer Wahl ein. Damit sollte sich das Bajonett in aller Regel recht schnell herausfinden lassen. Wichtig: Nicht immer wurde ein Objektiv jedoch nur mit einem Bajonett produziert. In diesem Fall kann es helfen, das Bajonett des Objektivs mit den im Internet vorhandenen Bildern zu vergleichen. Sofern Sie das Bajonett herausgefunden haben, können Sie mit nachfolgender Tabelle überprüfen, ob das Auflagemaß des Objektiv-Bajonetts länger als das Auflagemaß ihrer Kamera ist.
Bajonett | Auflagemaß | Kamera-Typ | Sensor-/Filmgröße |
---|---|---|---|
Samsung NX Mini | 6,95mm | Spiegellos | 1,0 Zoll |
Pentax Q | 9,2mm | Spiegellos | 1/2,3 Zoll bis 1/1,1/7 Zoll |
Nikon Z | 16mm | Spiegellos | APS-C bis Kleinbild |
Nikon 1 | 17mm | Spiegellos | 1,0 Zoll |
C-Mount | 17,526mm | u. a. Videokamera | divers |
Fujifilm X | 17,7mm | Spiegellos | APS-C |
Sony E | 18mm | Spiegellos | APS-C bis Kleinbild |
Hasselblad XCD | 18,14mm | Spiegellos | Mittelformat |
Micro Four Thirds | 19,25mm | Spiegellos | 4/3 Zoll |
Canon RF | 20mm | Spiegellos | Kleinbild |
L-Bajonett | 20mm | Spiegellos | APS-C bis Kleinbild |
Samsung NX | 25,5mm | Spiegellos | APS-C |
Fujifilm G | 26,7mm | Spiegellos | Mittelformat |
Leica M | 27,8mm | Spiegellos | bis Kleinbild |
Contax G | 29mm | Spiegellos | Kleinbild |
Contax RF | 34,85mm | Spiegellos | Kleinbild |
Nikon S | 34,85mm | Spiegellos | Kleinbild |
Four Thirds | 38,67mm | Spiegelreflex | 4/3 Zoll |
Konica AR | 40,5mm | Spiegelreflex | 4/3 Zoll |
Canon FL | 42mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Canon FD | 42mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Minolta SR | 43,5mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Canon EF | 44mm | Spiegelreflex | APS-C bis Kleinbild |
Canon EF-S | 44mm | Spiegelreflex | APS-C |
Sigma SA | 44mm | Spiegelreflex | APS-C bis Kleinbild |
M42 | 45,46mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Pentax K | 45,46mm | Spiegelreflex | APS-C bis Kleinbild |
Olympus OM | 46mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Nikon F | 46,5mm | Spiegelreflex | Kleinbild |
Ein Beispiel: Ein Objektiv mit dem F-Bajonett von Nikon lässt sich problemlos an einer spiegellosen Systemkamera von Sony mit dem E-Bajonett adaptieren (Grund: 46,5 mm > 18 mm).
Wie lässt sich ein altes Objektiv an einer modernen Kamera montieren?
Sofern das Auflagemaß des Objektivs länger als das der Kamera ist, lässt sich ein „einfacher“ Adapter zur Montage des Objektivs an der Kamera verwenden. Der Adapter gleicht die unterschiedlichen Auflagemaße aus und ermöglicht zudem die Montage trotz der technisch nicht identischen Bajonette.
Wie finde ich den richtigen Adapter?
Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass sich unterschiedliche Adapter erwerben lassen. Es gibt Modelle ohne jegliche „Technik“ (= passive Adapter) und Modelle, die elektronische Signale vom Objektiv an die Kamera (und umgekehrt) weitergeben können (= aktive Adapter). Letztere sind deutlich teurerer, sie bieten aber auch zusätzliche Funktionen. Sinnvoll ist der Einsatz von aktiven Adaptern, wenn man viele oder fast alle Funktionen des Objektivs an der modernen Kamera nutzen möchte. Welche Funktionen das sind, hängt vom jeweiligen Objektiv ab. Ganz alte Objektive verfügen über keine speziellen Funktionen (wie einen Autofokus oder die elektronische Blendensteuerung), in diesem Fall wird kein aktiver Adapter benötigt (bzw. lässt er sich in aller Regel auch gar nicht erwerben). Aktive Adapter sind bei Objektiven sinnvoll, die um die Jahrtausendwende oder ein paar Jahre davor auf den Markt kamen. Diese bringen meistens bereits einige Funktionen mit, die sich beim Einsatz des richtigen Adapters oftmals auch nutzen lassen. Teilweise ist der Einsatz eines aktiven Adapters sogar notwendig, um wichtige Funktionen verwenden zu können. So lässt sich die Blende bei Canon EF-Objektiven beispielsweise nur über die Kamera ändern und nicht am Objektiv selbst.
Was gibt es noch zu beachten?
Auch wenn die Adaptierung technisch möglich ist, ergibt sie nicht in jedem Fall Sinn. Natürlich kann dies jeder Fotograf selbst entscheiden, wir würden jedoch nicht jedes Objektiv adaptieren. Abraten würden wir in aller Regel von der Adaptierung sehr alter Zoomobjektive. Diese bilden an modernen Kameras nur schlecht ab. Chromatische Aberrationen sind deutlich zu sehen und die Bildschärfe ist allgemein gering. Zudem wünscht man sich von einem Zoomobjektiv in der Regel einen höheren Komfort. Diesen bieten alte Zoomobjektive nur selten bis nie. Abraten würden wir des Weiteren von der Adaptierung von alten Objektiven mit sehr langen Brennweiten und ohne Autofokus. In diesem Fall ist das Scharfstellen meistens recht aufwendig und wenig komfortabel.